
Kintsugi ist das japanische Kunsthandwerk, zerbrochenes Porzellan mit Gold zu reparieren. Und um Brüche und um die Versuche, diese Brüche zu kitten, geht es in diesem Romandebüt.
Zwei Paare und ein gemeinsames Wochenende im Ferienhaus. Dass dieses Arrangement Stoff für Dramen jeglicher Art liefert, ist sicher keine Überraschung und auch kein neues literarisches Motiv. Das hat man schon gelesen und wahrscheinlich noch öfter im Fernsehen gesehen.
Aber sicher nicht in der Konstellation. Denn bei Paar Nr. 1 handelt es sich um Max und Reik, die seit zwanzig Jahren eine homosexuelle Vorzeigebeziehung führen. Vermeintlich, wie sich bald herausstellt. Paar Nr. 2 ist Reiks Jugendliebe Tonio und seine inzwischen 18jährige Tochter Pega. Um die Beziehungen untereinander, die feinen Brüche und das Ausloten von vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Möglichkeiten und Sehnsüchten handelt dieser Roman.
Für mich ist ein klassisches Beispiel für einen Roman, der mich zwiespältig zurücklässt. Das genaue Ausleuchten der Beziehungen, die leicht melancholische Sprache und das Bild der zerbrochenen Teetasse, die verschiedenste Leute zu reparieren versuchen, hat mich sehr angesprochen. Zerstört, aber kunstvoll wieder zusammengesetzt – welch ein Bild. Und ein Ausblick, denn damit endet auch dieses Buch.
„Und an den Stellen, wo die Risse waren, die Splitter, die Brüche, glänzt in verästelten Linien das Gold wie Adern aus Licht.“
Mir gefällt die fein beobachtende, poetische Sprache wirklich sehr und die japanischen Kapitelüberschriften sind sensationell gut. Ein Wort, eine ganze Geschichte. Nur leider, leider blieben mir die Charaktere bis zum Ende seltsam fremd und wie auf dem Reißbrett entworfen. Ich konnte keinen wirklichen Zugang zu diesem Buch finden.
Miku Sophie Kühmel: Kintsugi. Frankfurt am Main: Fischer, 2019