
Eine seltsame Mischung bilden die Einwohner des kleinen Dorfes im Westerwald, in dem Luise heranwächst. Da ist ihre Oma Selma, die wir Rudi Carell aussieht und in ihren Träumen den Tod vorhersehen kann. Immer, wenn sie von einem Okapi träumt, stirbt ein Dorfbewohner. Stets an ihrer Seite der Optiker, der sich nicht traut, ihr seine Liebe zu gestehen und mit seinen inneren Stimmen kämpft. Da ist die abergläubische Elsbeth, die stets übellaunige Marlis und der sich ständig auf Weltreise befindliche Vater, der konsequent den Ratschlag seines Psycholanalytikers befolgt, er solle mehr Welt in sein Leben lassen.
In dieser höchst eigenwilligen Gemeinschaft lernt Luise den buddhistischen Mönch Frederik kennen…
Man merkt es wahrscheinlich schon an dieser kurzen Beschreibung, dieser Roman ist einigermaßen bizarr, einfach weil er aus einer Ansammlung eben dieser bizarrer Persönlichkeiten besteht. Aber im allerbesten Sinne. Das war für mich zugegebenermaßen am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, aber mal wieder ein gutes Beispiel für ein Buch, das sich leise und verhalten anschleicht und einen zum Schluss völlig erobert. Am Ende hatte ich sie alle ins Herz geschlossen.
Dieses Buch strotzt vor Situationskomik und Wortwitz, schießt für meinen Geschmack an manchen Stellen auch übers Ziel hinaus, ist dann aber wieder so voller Ernsthaftigkeit und Tiefe, dass es einem die Tränen in die Augen treibt.
Zum Beispiel in Momenten wie diesem, in dem der Optiker der kleinen Luise Trost zuspricht: „Es wird in deinem Leben Momente geben, in denen du dich fragen wirst, ob du überhaupt irgendetwas richtig gemacht hast. Das ist ganz normal. Es ist auch eine ganz wichtige Frage. (…) Sie taucht meist spät im Leben auf. Ich weiß nicht, ob Selma und ich dann noch da sein werden. Deshalb sage ich dir das jetzt: Wenn es soweit ist, wenn diese Frage auftaucht und dir nicht sofort etwas einfällt, dann erinnere dich daran, dass du deine Großmutter und mich sehr glücklich gemacht hast, so glücklich, dass es für ein ganzes Leben von vorne bis hinten reicht. Je älter ich werde, desto mehr glaube ich, dass wir nur für dich erfunden worden sind. Und wenn es einen guten Grund gibt, erfunden zu werden, dann bist das du.“ (S.198f)
Einfach nur großartig!
Und das traurig-schöne Ende rund um Selma hat mich nicht nur einmal heftig losheulen lassen.
Wenn ein Buch das kann, einen zum Lachen und zum Weinen bringen, dann ist es schon etwas sehr besonderes. Geht, lacht und weint!
Mariana Leky: Was man von hier aus sehen kann. Köln: Dumont Buchverlag, 2019 (Original 2017)
Das ist so ein besonderes Buch und der Satz den zu zitierst den hänge ich uns vielleicht an die Wand:)
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Oh wie schön, das freut mich! Ich finde ihn auch ganz wunderbar!
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