
Die erfolgreiche Anwältin Solène erleidet einen Zusammenbruch und wird plötzlich aus ihrem bisherigen Leben gerissen. Geplagt von innerer Leere und Depressionen befolgt sie den Rat, sich eine ehrenamtliche Tätigkeit zu suchen und lernt dadurch eine ganz andere Seite der Realität und auch von sich selbst kennen. Im Haus der Frauen, einem Zufluchtsort für obdachlose und misshandelte Frauen, schreibt Solène regelmäßig Briefe für die Bewohnerinnen, die selbst nicht lesen und schreiben können. Briefe an die Ausländerbehörde, den zurückgelassen Sohn in Guinea, den Geliebten oder auch schon mal die Queen von England.
Parallel dazu erzählt das Buch die Geschichte von Blanche Peyron, die dieses Frauenhaus vor fast 100 Jahren unter widrigstem Bedingungen ins Leben gerufen hat.
Ein wichtiges Buch zu einem wichtigen Thema. Vor allem der historische Teil zum Lebenswerk der Gründerin Blanche Peyron und ihr unermüdlicher Einsatz im Dienste der Armen hat mir sehr gefallen. Und auch der Appell an jeden Einzelnen, nicht wegzuschauen und sich der Hilfsbedürftigen anzunehmen.
Viele kleine Bäche erzeugen einen großen Strom, wie wahr!
Schriftstellerisch konnte mich das Buch aber trotz des hochemotionalen Themas nicht so mitreißen. Auf mich wirkte es mehr wie ein Sachbuch oder eine Reportage und nicht wie ein Roman. Das Stil war eher berichtend, nicht erzählend und so konnte mich das Buch emotional auch nicht so erreichen wie beispielsweise ihr Debüt Der Zopf. Die Charaktere waren für mich nicht so kraftvoll wie in dem Vorgängerroman. Ein durchaus lesenswertes Buch, aber blieb hinter meinen Erwartungen zurück – die nach dem Zopf vielleicht auch etwas hoch waren…
Laetitia Colombani: Das Haus der Frauen. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2020