
Keiko ist schon seit ihrer Kindheit anders als die anderen. Unfähig, sich in andere einzufühlen und gesellschaftliche Normen nachzuvollziehen, wird sie zur Außenseiterin. In ihrem Wunsch, sich anzupassen und möglichst nicht unangenehm aufzufallen, nimmt sie einen Aushilfsjob in einem Supermarkt an. Diese Arbeit wird für sie zur Berufung, denn sie gibt ihr die Orientierung und Struktur, die für ihr Leben existentiell wichtig ist.
Doch ihre überschaubare Welt wird radikal auf den Kopf gestellt, als ein neuer Mitarbeiter im Laden auftaucht…
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Auf jeden Fall mal das Buch für jeden Supermarktmitarbeiter, denn es zeigt – zumindest aus der Perspektive von Keiko, dass man sich dort sehr aufgehoben fühlen kann.
Und auf jeden Fall ein Buch, das gesellschaftliche Zuschreibungen und Bewertungen problematisiert, denn was für die Mehrheit der Menschen ein wenig angesehener Übergangsjob ist, kann für einen anderen ein wesentlicher Lebensinhalt sein. Denn Keiko leidet nicht an ihrem Aushilfsjob, den sie schon 18 Jahre lang macht. Sie leidet an der mangelnden Akzeptanz, an dem Gefühl, ohne Mann und Kind bzw einen hochangesehenen Job eine gesellschaftliche Außenseiterin zu sein.
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Ich mochte diesen schmalen Roman, der auf wenigen Seiten und mit einer Leichtigkeit das Drama beschreibt, als Mensch mit offensichtlich autistischen Zügen keine Akzeptanz zu finden in der Gesellschaft. Aber einen Platz, den hat sie gefunden: in ihrem Konbini.
So tragisch das bei genauerem Hinsehen ist, fand ich den Roman vor allem im ersten Drittel sehr komisch, beispielsweise als sie in Ihrem emotionslosen Pragmatismus zwei prügelnden Jungs eine Schaufel über den Kopf zieht. Die anderen Kinder wollten doch, dass die beiden aufhören. Was soll daran falsch sein?
Im Verlauf des Buches schlägt dann die Heiterkeit in Entrüstung um, als sie ihren komplett unsympathischen und schmarotzenden Arbeitskollegen als Untermieter bei sich aufnimmt.
Gerne hätte ich ja noch erlebt, wie sie ihn hochkannt raus wirft, was ich die ganze Zeit am liebsten gemacht hätte, nur leider endet das Buch relativ unvermittelt und für meinen Geschmack auch zu früh. Da hätte ich gerne noch ein bisschen mehr erfahren. Sehr interessant fand ich auch die Reaktion ihrer Umgebung auf ihren vermeintlich Partner. Selbst ein absoluter Unsymphat und Nichtsnutz scheint immer noch besser zu sein als gar kein Mann. Für mich ein sehr gelungenes Bild der gesellschaftlichen Zwänge und immer noch prägenden patriarchalischen Strukturen im heutigen Japan.
Sayata Murata: Die Ladenhüterin. Berlin: Aufbau Verlag, 2018 (Japanisches Original 2016)