
Ein junges Paar bleibt auf dem Weg durch die Wüste mit dem Auto liegen, ohne Handyempfang und mit nur noch einer Flasche Wasser. Und zu ihrem Entsetzen entpuppt sich die vermeintliche Autopanne als gezieltes Manöver eines Scharfschützen, der sie bereits ins Visier genommen hat…
Das Szenario des Highwaykillers ist wahrlich nicht neu, aber kann man machen, wenn man das Ganze gut aufbereitet und vielleicht auch noch etwas Neues reinbringt. Aber was hier mit dem an sich spannend klingenden Stoff veranstaltet wurde…
Für meinen Geschmack stimmt hier so ziemlich gar nichts. Nicht nur ist die Story inhaltlich extrem dünn und…man muss ja ein Buch vollkriegen… mit viel überflüssigem Brimborium aufgebläht, auch die Charaktere sind gleichermaßen flach und entsprechen jedem nur denkbaren Klischee. Und wenn das noch nicht genug wäre, wird hier eine Ansammlung an Absurditäten aufgetafelt, dass man aus dem Augenrollen gar nicht mehr rauskommt.
Beispiel gefällig? Unser Opfer schmuggelt sich unter dem Jeep eines Komplizen des Killers zu einer kleinen Blechhütte. Das funktioniert natürlich 1a auch in unwegsamem Gelände, ohne dass er unterwegs den Halt verliert oder der Rücken eine Fleischmasse ist. Wohlgemerkt, er ist in der Wüste und hat den halben Tag nichts getrunken. Nun geht Killer Nr 2 in die Hütte und statt sich zu freuen, unentdeckt geblieben zu sein, tätigt er erstmal ein ausgiebiges Pläuschchen übers Funkgerät, das auch noch der hinterletzte Coyote in einem Kilometer Entfernung mitkriegen muss…
Und das ist nur eine von vielen Szenen, die so unrealistisch sind, dass man das Buch auch beim bestem Willen nicht mehr ernst nehmen kann.
Sprachlich hat man hier auch eine schwere Kröte zu schlucken. Nun ist bei einem Thriller nicht unbedingt hohe Sprachkunst zu erwarten, aber einen halbwegs bewussten Umgang mit Sprache schon. Aber wer so unsensibel mit Nazi- und Ausschwitzvergleichen um sich wirft, gehört eigentlich schon vom Lektorat abgewatscht.
Ich gehe ja selten mit einem Buch völlig ins Gericht, aber wenn ich als Leser so dermaßen für dumm verkauft werde wie in diesem Fall, braucht es ein paar offene Worte.
Nun ist ja der Autor eigentlich Filmregisseur und da mag sowas funktionieren, aber für Bücher braucht man schon ein Mindestmaß an Niveau.
Taylor Adams: No Mercy. München: Heyne, 2021