
Nach ihrem Kunststudium in Paris kehrt eine junge Bukarester Malerin an den Ort ihrer Kindheit zurück: einem kleinen Dorf an der Grenze zu Transsilvanien, in dem sie in der Villa ihrer Großtante die Sommerferien verbrachte.
Vieles ist anders geworden im postkommunistischen Rumänien, doch Korruption, Kriminalität und Vetternwirtschaft sind geblieben und der einst attraktive Touristenort hat seine besten Zeiten lange hinter sich.
Da wünschen sich die Alteingesessenen ein Eingreifen mit starker Hand, so wie einst Fürst Vlad – auch als Dracula bekannt – mit grausamer Konsequenz gegen Kriminelle, Staatsfeinde und Untreue in den eigenen Reihen vorgegangen ist.
Die Glorifizierung der Vergangenheit wird erst richtig angeheizt, als auf dem Friedhof eine geschändete Leiche entdeckt wird…
Von der Zusammenfassung her gehörte dieses Buch für mich zu den reizvollsten der diesjährigen Nominierten und tatsächlich hat mir vieles davon auch gefallen.
Angefangen vom angenehm lesbaren Schreibstil, der von der Ich-Erzählerin als chronistischer Bericht in eigener Sache verfasst ist und dem man gerne folgt. Ich mochte die Geschichten von den schrulligen, abergläubischen Tanten und die Beschreibung des dörflichen Miteinanders. Auch die leicht gruselige Atmosphäre, die beim Thema Dracula und Co an den Originalschauplätzen mitschwingt, ist gut eingefangen worden. Diese Geschichte mit den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen zu verknüpfen, finde ich sehr gelungen.
Nur leider, leider haben sich für mich Teile des Buches einfach nicht erschlossen und blieben bis zum Schluss ungeklar. Um da weiter ins Detail zu gehen, muss ich etwas spoilern, von daher an dieser Stelle vielleicht nicht weiterlesen, wenn man das Buch noch lesen möchte…
Die geschilderte Entwicklung der Ich-Erzählerin war für mich ziemlich wirr und befremdlich, denn offenbar hat sie immer wieder Erlebnisse, die darauf hindeuten, dass sie von einem Vampir heimgesucht wurde und dadurch selbst zu einem solchen Wesen geworden ist. Was davon tatsächlich passiert oder nur eine Vision ist, bleibt unklar. Die Entwicklung ist offenbar ganz eng verknüpft mit Ereignissen in dem Dorf, die mit einem ungeklärten Todesfall und dem korrupten Bürgermeister in Verbindung stehen. Nach diversen Gesprächen ist es offenbar als eine vorrübergehende übersinnliche Fähigkeit zu verstehen, um den Übeltäter zur Strecke zu bringen. Also man merkt, die Zusammenhänge sind nicht so leicht zu entschlüsseln…
Das und die teilweise mühsam zu lesenden historischen Abhandlungen haben mein Leseerlebnis etwas getrübt.
Dana Grigorcea: Die nicht sterben. München: Penguin Verlag, 2021