
Während Helfer in ihrem Roman ‚Bagage‘ das Leben ihrer Mutter und Großeltern in den Mittelpunkt stellt, geht es in ihrem aktuellen autofiktionalen Buch, wie der Name schon sagt, um ihren Vater. Das ist vergleichweise schmal und versucht, sein Leben aus dem Blickwinkel der Tochter nachzuzeichnen. Obwohl sie es nicht immer leicht mit ihm hatte, geschieht das auf eine verstehende, versöhnliche Weise.
Als Kriegsversehrter mit nur einem Bein aus Russland zurückgekehrt, begleitete ihn das Erlebte weiterhin und macht ihn zu einem gebrochenen, kriegstraumatisierten Menschen. Trost sucht der bibliophile Familienvater in der Literatur und der Sammlung von Büchern, die ihn zu einer folgenschweren Fehleinschätzung führt…
Ich kenne die Bagage nicht und kann daher keinen Vergleich anstellen, was vielleicht auch kein Nachteil ist. Aber unabhängig davon hab ich mit diesem Buch meine Schwierigkeiten. Grundsätzlich hat mir die Geschichte des Vaters gefallen, die stellvertretend für viele Männer steht, die körperlich und seelisch gebrochen aus dem Krieg zurückgekehrt sind. Auch die Liebe zu Büchern, die er ja offenbar an die Tochter weitergegeben hat, ist schön beschrieben worden. Aber insgesamt konnte mich dieser Roman nicht fesselnd. Er wirkte auf mich irgendwie kraftlos und undynamisch, fast ein bisschen verstaubt. Spontan sind mir Assoziationen zum Familienkaffeekränzchen gekommen, bei dem man sich über das Leben eines Verstorbenen unterhält. Das ist durchaus liebevoll, aber bleibt zuweilen auch an der Oberfläche. Ich hätte mir bei dem Thema noch einen tieferen Blick ins Innenleben und die Beziehungen der ProtagonistInnen gewünscht.
Monika Helfer: Vati. München: Hanser Verlag, 2021