
Eine junge Anwältin begibt sich in die Amazonasprovinz Acre, um an Gerichtsverhandlungen zu verschiedenen Frauenmorden teilzunehmen. Besonders betroffen macht sie der grausame Tod einer erst 14jährigen Indigenen, die von drei Männern gefoltert, vergewaltigt und umgebracht wurde. Das Trio, Studenten aus gutem Hause und mit entsprechenden gesellschaftlichen Verbindungen, werden frei gesprochen.
Die Anwältin und ihre Kolleginnen können dieses Unrecht nicht akzeptieren und begeben sich dabei selbst in tötliche Gefahr…
Ein Buch wie ein Blitzeinschlag, das mich wirklich sehr mitgenommen hat. Denn auch wenn es sich um eine fiktive Geschichte handelt, hat sie ihre zahlreichen Entsprechungen in der Realität. Um das zu untermauern, setzt die Autorin reale Ereignisse und Zeitungsmeldungen an den Beginn ihrer Kapitel.
Aber in ihrem Buch geht es nicht nur um diese Extreme, sondern um Gewalt gegen Frauen als solches. In einem Interview sagt die Autorin:
„Wenn eine Frau von einem Mann ermordet wird, ist das nur die Spitze des Eisbergs. Dahinter liegt eine lange Geschichte des Missbrauchs. Ich muss sagen, dass mich noch nie eine Recherche für ein Buch so sehr mitgenommen hat. Ich habe mit Anwälten gesprochen, mit Sozialarbeitern, mit Überlebenden, habe an vielen Prozessen teilgenommen – und die Geschichten sind immer dieselben. Bevor die Frauen ermordet wurden, wurden sie bedroht, geschlagen, erniedrigt, vergewaltigt. Der Mord ist nur das letzte Kapitel.“
Dieses Buch ist eine schonungslose Anklage in einer zum Teil sehr derben Sprache und in seiner Direktheit auch nichts für zartbesaitete Gemüter. Aber vielleicht braucht es für dieses Thema auch genau diese Form von Hammerschlag, um dafür zu sensibilisieren.
Natürlich muss man immer aufpassen, hier nicht zu verallgemeinern und in diesem Kontext war mir das Ende schon fast zu viel des Guten. Denn natürlich gibt es auch andere Männer.
Ähnliches gilt für die Abschnitte zu den Amazonen, die der Anwältin immer wieder in Träumen oder drogenbedingten Visionen erscheinen. Diese sind ebenso blutrünstig wie die Taten, die hier in diesem Buch angeprangert werden. Da hätte ich mir einen positiveren Gegenentwurf gewünscht.
Trotz dieser Kritikpunkte ein wichtiges Buch über ein Thema, das jede erdenkliche Aufmerksamkeit verdient.
Patrícia Melo: Gestapelte Frauen. Zürich: Unionsverlag, 2019