Andreas Moster: Kleine Paläste

„Es ist nicht das erste Mal, dass der Hund versucht, mich umzubringen.“
Manchmal spürt man bereits beim ersten Satz: Das könnte ein Buch für mich werden…


Nach dem Tod seiner Mutter kehrt Hanno nach vielen Jahren in sein Elternhaus zurück, dass er nach einem Zerwürfnis verlassen hat, um seinen dementen Vater zu pflegen – den Mann, der ihn einst aus dem Haus getrieben hat.
An der Seite des hilflosen Altenpflegers: die Nachbarin Susanne, einst Hannos Jugendfreundin, die nach dem Tod ihrer Eltern dort wohnen geblieben ist. Nachdem sie jahrelang das Geschehen im Nachbarhaus durch das Fernglas beobachtet hat, hat sie nun freie Bahn, sich um die Person ihres gesteigerten Interesses zu „kümmern“: Hannos Vater Carl. Dass hier nicht pure Nächstenliebe im Spiel ist, merkt man spätestens bei den Rückblenden ins Jahr 1986, die regelmäßig in die Geschichte eingestreut werden. Ein Ereignis aus dieser Zeit lässt auch die Verstorbenen der beiden Familien nicht ruhen…

In meiner kleinen Leserunde haben wir uns schon gefragt, wie man die Vielschichtigkeit und feinen Nuancen in diesem Buch beschreiben soll. Tatsächlich eine Herausforderung. Vielleicht reicht es einfach zu sagen, dass der Autor ganz viele wichtige Themen in diesem Buch anschneidet und zwar nicht, indem er alles auf einen Haufen kippt und den Leser darunter erschlägt, sondern daraus ein Art Teppich webt, den man staunend beschreitet. Sprachlich geschickt hat er die Themen Generationenkonflikt, stereotype Geschlechterrollen, Pflege von Familienangehörigen, Demenz, Alkoholismus und dysfunktionale Familien miteinander verknüpft. Das große Thema des Romans ist jedoch ein anderes: das Wahren der gutbürgerlichen Fassade um jeden Preis. Für das große Schweigen hat Moster großartige Worte gefunden. Sehr eindringlich und absolut lesenswert.

Bewertung: 4.5 von 5.

Andreas Moster: Kleine Paläste. Hamburg: Arche Verlag, 2021

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