Yrsa Sigurdardóttir: Geisterfjord

Drei junge Leute haben sich auf der verlassenen Insel Hesteyri, die nur noch in der Saison touristisch genutzt wird, ein altes Haus gekauft. Ihr Plan: es noch in den Wintermonaten zu renovieren, im Sommer als neues Gasthaus zu eröffnen und ein richtig gutes Geschäft zu machen. Ein waghalsiges Unterfangen, denn die Insel kann bei dem rauen Wetter nur an bestimmten Tagen angefahren werden und sie sind ohne Strom und Heizung auf sich allein gestellt. Und die unheimlichen Geschichten, die über das alte Haus kursieren, sind alles andere als einladend…

Das Buch klang für mich auf den ersten Blick so vielversprechend, dass ich es mir kürzlich gekauft und direkt gelesen habe. Unheimliche Geschichten von einer verlassenen isländischen Insel, an einem kalten Winterabend bei Kerzenschein, das könnte doch richtig gemütlich sein. Theoretisch.
Denn wenn man mal genauer drüber nachdenkt, ist es schon reichlich hirnverbrannt, auf einer einsamen Insel im Winter ohne Strom ein altes Haus restaurieren zu wollen – vor allem, wenn man handwerklich keinen blassen Schimmer hat und der nächste Obi denkbar weit weg ist. Aber ok, beide Augen zugedrückt, man braucht das Szenario für die gruselige Story. Die von der Anlage her auch jede Menge Potential für eine wirklich unheimliche Geschichte gehabt hätte. Nur leider hatte ich hier das Gefühl, dass die Autorin sämtliche Elemente gruseliger Geschichten, von denen sie jemals gehört hat, in dieses Buch einbauen wollte und zwar mit der Holzhammermethode. Das wurde einem derart plump ab Kapitel eins in kurzen Abständen serviert, dass ich es beim besten Willen nicht gruselig fand. Alle Elemente für sich, langsam aufgebaut und entwickelt, hätten es sein können, aber das war schriftstellerisch gar nicht gelungen. Stephen King beherrscht diese Kunst meisterhaft, weswegen seine Bücher auch doppelt bis dreifach so dick sind, aber danach schließt man die Tür ab und schaut unters Bett. In diesem Fall hätte sich die Autorin auch die zahlreichen Wiederholungen gespart.

Ich hab nicht mitgezählt, wie oft der Boden in der Küche geknarrt oder der Hund geknurrt hat, aber es war schon sehr oft. Dazu gab es bereits im ersten Drittel des Buches Szenen, bei denen ich nur mit dem Kopf schütteln konnte, so komplett unwahrscheinlich war das. Und damit meine ich nicht die übersinnlichen Phänomene, sondern das komplett irrationale Verhalten einzelner Leute. Niemand vergisst einfach so, dass er nachts Stimmen aus der Küche gehört hat. Vor allem, wenn man sowieso vermutet, dass auf der Insel jemand rumschleicht. Da weckt man doch seine Freunde und fragt, ob sie auch was hören, man schaut gemeinsam nach, was weiß ich. Hier wird weitergepennt und erstmal vergessen… Dann geht der Nächste in einer schon reichlich verängstigten Stimmung alleine los, um erstmal Bier zu holen – ich könnte noch länger so weitermachen. Daher abschließend die Frage, warum hab ich überhaupt weitergelesen? Ich habe gehofft, es wird besser. Und dann war ich neugierig, wie die Geschichte aufgelöst wird. Hat sich für mich leider gar nicht gelohnt, da am Ball zu bleiben, aber das ist wie alles Geschmackssache.

Allerdings hat mich ein Punkt wirklich aufgeregt. Wenn man meint, man müsste für die Steigerung der Dramatik das Thema Diabetes und Insulinmangel einbauen, der kann das ja machen. Aber man sollte sich doch zumindest die Mühe machen, die medizinischen Zusammenhänge zu recherchieren. Hier war so vieles falsch, dass es mich wirklich geärgert hat.

Bewertung: 1.5 von 5.

Yrsa Siguradardóttir: Geisterfjord. Frankfurt/M.: Fischer Verlag, 2011

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