Schauplatz dieses Krimis ist New Orleans, nachdem der Hurrikan die Stadt verwüstet hat. Die Detektivin Claire DeWitt, im Klappentext als beste und verrückteste Ermittlerin der Welt beschrieben, soll in dieser Situation den verschollenen Staatsanwalt Vic Willing finden.
Dieses Buch wurde mir vor etlichen Jahren wärmstens empfohlen, so dass ich mich voller Vorfreude ans Lesen gemacht habe. Spätestens nachdem bis zur Hälfte wenig Spannendes passiert ist, war ich einigermaßen ernüchtert. Ich fand den Fall alles andere als fesselnd und die Ermittlungsarbeit zog sich wie ein Kaugummi durch das Buch. Auch mit dem Setting im Drogenmilieu konnte ich wenig anfangen. Da konnte auch die an Sherlock Holmes angelehnte schräge Ermittlerin Claire DeWitt nichts mehr ausrichten. Für mich war das eher ein müder Abklatsch und konnte in keiner Hinsicht an das berühmte Original heranreichen. Ob das mal taktisch klug ist, die Messlatte gleich so hoch zu hängen…ich zitiere den Untertitel: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt. Schafft auf jeden Fall eine hohe Leseerwartung. Und eine ebenso große Enttäuschung, wenn diese so wenig bedient wird.
⭐⭐
Bewertung: 1.5 von 5.
Sara Gran: Die Stadt der Toten. München: Droemer Verlag, 2012 (amerikanisches Original 2011)
Sie sind Zwillinge und doch so verschieden. Die ruhige Dunja, die mit Mann und zweite Kindern in der Großstadt lebt und die energische Saphie, Leiterin eines Hotels an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Dann sterben in kurzer Folge ihre beiden Männer. Dunja möchte ihre Schwester in dieser schweren Zeit unterstützen und zieht zu ihr ins Hotel, gleichzeitig damit zurück in die Welt ihrer Kindheit. Über ihre ganz unterschiedlichen Formen von Vergangenheitsbewältigung und den Weg in ein neues Leben erzählt dieser Roman.
Der mich einigermaßen verzweifelt zurückgelassen hat, muss ich sagen. Ich wollte ihn so gerne mögen, denn ich fand Die Gewitterschwimmerin ganz großartig und schätze auch die Autorin sehr. Aber mit diesem Roman konnte ich leider wenig anfangen. Ich konnte an keiner Figur wirklich andocken und ich hab keinen Weg in die Geschichte gefunden. Auch wenn hier existentielle Themen angesprochen wurden, hat mir die emotionale Kraft, die für mich die Gewitterschwimmerin so ausgezeichnet hat, völlig gefehlt. Alles plätscherte so vor sich hin und an mir vorbei. Nun kann nicht jedes Buch bei jedem funktionieren, die Persönlichkeiten und Geschmäcker sind halt verschieden. Also kann ich mich an dieser Stelle einfach nur auf das nächste Buch freuen.
⭐⭐⭐
Bewertung: 2.5 von 5.
Franziska Hauser: Die Glasschwestern. Köln: Eichborn Verlag, 2020
Gewinnertitel des Preises der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Übersetzung, im Original bereits 1974 erschienen.
Dem Leser begegnet hier die Neuauflage der Theseus-Sage, versetzt in die Gegenwart, zumindest die von 1974. Christine alias Oreo, Kind einer Afroamerikanerin und eines Weißen jüdischer Abstammung, verkörpert in diesem Roman den neuzeitlichen Theseus. Bewaffnet mit einem Zettel voller kryptischer Hinweise macht sich die Sechzehnjährige alleine auf den Weg nach New York, um nach ihren Wurzeln zu suchen.
Klingt doch erstmal ganz gut oder? Wer hier aufgrund des antiken Stoffes oder der schon im Titel thematisieren Frage der Hautfarbe große, inhaltsschwere Literatur erwartet, ist leider auf dem Holzweg. Vorab muss ich sagen, dass ich den Preis für die Übersetzungsleistung absolut gerechtfertigt finde, denn dieses Buch ist eine sprachliche Herausforderung. Allerdings auch für das Nervenkostüm und das nicht nur in sprachlicher Hinsicht. So richtig entspannend war das nicht, ständig die jiddischen Bezeichnungen nachzuschlagen und auch die Verweise zur antiken Vorlage, wenn man die griechische Sagenwelt nicht parat hat. Trotzdem war ich anfangs aufgrund des Sprachwitzes, der einem direkt entgegenschlägt, erstmal recht angetan. Nur leider wurde die humorige Stimmung im Laufe der Geschichte immer mehr abgelöst von Langeweile angesichts der Banalitäten, die einem im ersten Teil serviert wurden. Das wurde im Verlauf nicht besser, allerdings schlug das Grundgefühl da auch noch in Ärger um. Was hier mit dem guten alten Theseus veranstaltet wurde, fand ich einfach nur niveaulos und kein bisschen komisch. Erstaunlich, dass nicht sämtliche antike Schreiber aus ihren Gräbern auferstanden sind, um dem Einhalt zu gebieten. Das hatte für mich alle Zutaten von dümmlichem Klamauk, aber wenig von ernstzunehmender Literatur. Nun dachte ich, bei mir stimmt vielleicht irgendwas nicht, wo doch große amerikanische Schriftsteller wie Paul Auster und Siri Hustvedt dieses Werk in den höchsten Tönen loben. Vielleicht habe ich hier irgendwas nicht verstanden?! Zum Glück geht es mir da nicht alleine so, wie ich festgestellt habe…
⭐⭐
Bewertung: 1.5 von 5.
Fran Ross: Oreo. München: dtv, 2019 (amerikanisches Original 1974)
In dringenden Familienangelegenheiten muss die junge Lehrerin kurzfristig zu ihren Eltern in die Toskana fliegen. Auf ihrem Flug lernt sie einen sympathischen Deutschen kennen, der schon länger in Italien lebt. Da sich die Ankunft verzögert und Hannah am späten Abend Probleme hat, ihren Zielort zu erreichen, lädt sie der Fremde über Nacht in seinen Palazzo ein. Hannah nimmt das Angebot gerne an, denn der Fremde lebt dort mit seiner Frau und macht einen vertrauenserweckenden Eindruck. Doch Hannah kommt am nächsten Tag nicht bei ihren Eltern an, es gibt fortan kein Lebenszeichen mehr von ihr. Und sie bleibt nicht die einzige junge Frau, die plötzlich in der Toskana spurlos verschwindet…
Diesem Thriller muss man positiv anrechnen, dass mich die Grundstory doch so fesseln konnte, dass ich unbedingt wissen wollte, wie es weitergeht und recht zügig durch das Buch gekommen bin. Der Schreibstil war angenehm flüssig und eingängig. Aber die Story selbst fand ich ziemlich misslungen, weil sie für mich einen logischen Denkfehler hat, der sich umso negativer auswirkt, je mehr die Geschichte voranschreitet. Man könnte an solchen Stellen nun beide Augen zudrücken, solange man sich gut unterhalten fühlt, aber für mich sollte auch ein Thriller halbwegs logisch sein, vor allem wenn es um Grundannahmen geht, auf denen die ganze Story basiert. Wenn es dann auch noch schwer kitschig wird, wie hier am Schluss, bin ich raus. Das war leider nicht so meins…
⭐⭐
Bewertung: 1.5 von 5.
Sabine Thiesler: Der Keller. München: Heyne Verlag, 2019
Matthias Hegel arbeitet in Berlin als akustischer Profiler, denn er ist in der Lage, allein über die Analyse der Stimme detaillierte Aussagen über einen Täter zu machen. Eigentlich, denn gleich zu Beginn des Buches wird er wegen eines Mordes verhaftet, für den er sich selbst bezichtigt. Die Journalistin Jula Ansorge, selbst Opfer einer Gewalttat, glaubt nicht an seine Schuld und beginnt in der Sache zu recherchieren. Hegel versucht sie jedoch von diesem Vorhaben abzubringen und er ist nicht der Einzige. Schon bald befindet sich Jula in ernster Gefahr…
Fitzek im Gepäck lässt Großes hoffen, daher war ich vom Anfang schon einigermaßen ernüchtert, den ich ziemlich albern fand. Das machte das Auftreten der Hauptperson nicht wirklich besser, die es scheinbar eine gute Idee fand, sich nachts in kurzem Kleidchen in einer fremden Stadt auf einem Friedhof aufzuhalten, was selbst dann ziemlich blöd ist, wenn es sich um einen viel frequentierten Touristenfriedhof handelt. Zwischendurch nahm die Geschichte dann an Fahrt auf und war über weite Strecken auch spannend, was mir doch noch Hoffnung auf einen guten Thriller gegeben hat. Aber…was Jula da zum Ende hin veranstaltet hat, das hatte schon Slapstickqualitäten und ich wusste nicht, ob ich jetzt lachen oder weinen soll. Auf jeden Fall mal beides nicht gut bei einem Thriller. Da ist jetzt nicht spoilern will, kann ich an der Stelle nicht weiter ins Detail gehen, aber das war für mich nicht mehr ernst zu nehmen. Insgesamt fand ich das Ende gar nicht gelungen und obwohl man eigentlich den zweiten Teil lesen müsste, einfach um all die noch offenen Fragen zu klären, werden sie bei mir wahrscheinlich unbeantwortet bleiben. Noch zum Abschluss ein Wort zu unserem akustischen Profiler, dem Namensgeber dieses Buches. Insgesamt ist mir seine eigentliche Tätigkeit, für die ja das Buch steht, viel zu kurz gekommen. Da es ja doch eine originelle Idee ist, hätte man seine besondere Eigenschaft mehr in Szene setzen können. So war zumindest die Leseerwartung.
Aber vielleicht kommt davon mehr im zweiten Teil, dann wäre es vielleicht doch noch was für mich…
Dass es letztendlich doch noch gute zwei Sterne geworden sind, hat das Buch dem wirklich spannenden Mittelteil zu verdanken.
⭐⭐⭐
Bewertung: 2.5 von 5.
Vincent Kliesch / Sebastian Fitzek: Auris. München: Doemer Knaur, 2019
In diesem Buch geht es im Wesentlichen um die diversen Experimente mit LSD, die der exzentrische Psychologieprofessor Timothy Leary in den sechziger Jahren mit einer Gruppe gleichgesinnter Anhänger durchgeführt hat. Im Mittelpunkt des Geschehens steht Learys wissenschaftlicher Assistent Fitz, der sich mit Frau und Kind Learys Kommune anschließt und das Ideal einer von Zwängen befreiten Gesellschaft sucht.
Zu diesem Buch habe ich in erster Linie gegriffen, weil ich Boyle als Autor sehr schätze, thematisch hat es mich eher weniger angesprochen. Leider sind meine schlimmen Erwartungen in diesem Fall auch bestätigt worden, denn die endlose Aneinanderreihung von LSD Trips und Drogenparties fand ich wenig romantauglich und schlichtweg ermüdend. Der revolutionäre Spirit der 60er Jahre schwingt zwar immer wieder mit und es war sicher auch eine sehr aufregende Zeit mit viel Aufbruchsstimmung, aber bei mir konnte da kein Funke überspringen. Aus der Distanz betrachtet wirkt das Ganze wie die Zelebrierung einer einzigen großen Luftblase unter viel Getöse. Hier und da stellt der Autor die Ideologie und Lebensweise der Kommune zwar in Frage, bleibt insgesamt für meinen Geschmack aber viel zu kritiklos, das wirkt zeitweise wie eine Werbeveranstaltung. Die Fragen, die sich im Laufe des Buches zu dieser Ideologie anhäufen, werden von ihm aufgegriffen, aber gerade auch durch das Ende wieder relativiert. Möglicherweise liest sich das Buch für Zeitzeugen anders, möglicherweise verbindet Leary damit auch gute Erinnerungen. Aber aus der Rückschau auf die Geschichte wirkt vieles schlichtweg hohl und ideologisch verblendet, ich konnte damit gar nichts anfangen.
Allein der guten Schreibe des Autors ist es zu verdanken, dass die Sternebewertung nicht gänzlich im Keller ist. Und natürlich das sensationell gut gemachte Cover, für das man wirklich keine Drogen braucht.
⭐⭐
Bewertung: 2 von 5.
T.C. Boyle: Das Licht. München: Hanser Verlag, 2019
Ein klassisches Motiv: der Vater, die Mutter und ihr Liebhaber. Letztere planen einen Mord an dem im Wege stehenden Ehemann. Erzählt wird das Ganze aus der Perspektive des Sohnes. Nur ist dieser Sohn noch gar nicht geboren. Er befindet sich noch im Mutterleib und ist damit so nah dran am Geschehen, wie man nur sein kann.
„So, hier bin ich, kopfüber in einer Frau. Ich warte, die Arme geduldig gekreuzt, warte und frage mich, in wem ich bin und worauf ich mich eingelassen habe.“ Das habe ich mich allerdings auch…
Ganz ehrlich, hätte ich vorher von der Erzählperspektive gewusst, wer weiß, ob ich das Buch gelesen hätte. Denn das klingt für mich schon aus der Entfernung betrachtet ziemlich albern. Das ist jetzt nicht so, dass ich mich nicht auch mal auf Gedankenexperimente und fantastische Geschichten einlassen würde. Es ist zugegebenermaßen auch eine originelle Idee, nur… ich konnte mit ihr so gar nichts anfange Wenn ein ungeborenes Kind im Mutterleib über philosophische Fragen und die politische Weltlage monologisiert oder sich über die verschiedenen Weinsorten auslässt, die die wenig fürsorgliche Mutter täglich in sich hineinschüttet, kann ich nur sagen: Sorry, da bin ich raus…
Falls sich einer fragt, woher der noch nicht mal Geborene seine ganze Weisheit hat, wo noch nicht mal die Mutter die Allerhellste ist…von den Podcasts, die sie hört! Na aber sicher… Natürlich kann McEwan auch weiterhin gut schreiben und die Story an sich ist auch nicht schlecht, hat aber in den mitunter seitenlangen Erörterungen des Ungeborenen ihre Längen und scheitert bei mir ganz klar an der Erzählperspektive. Schade, denn ich schätze den Autor ansonsten sehr.
⭐⭐⭐
Bewertung: 2.5 von 5.
Ian McEwan: Nussschale. Zürich: Diogenes Verlag, 2016 (Original 2012)
„Im
Sommer 1969, ein paar Wochen nach der ersten bemannten Mondlandung, nahm sich
meine Mutter das Leben.“
Mit
diesem Satz beginnt dieser vom Umfang her recht schmale Roman und nimmt dabei
bereits das Ende vorweg. Hier gibt’s kein Happy End und möglicherweise auch
kein leichte Kost. Gleichzeitig verweist er bereits auf die drei großen Themen
dieser Geschichte, durch die uns der elfjährige Ich-Erzähler Tobias Ahrens
führt.
Beginnen
wir mit dem Sommer 1969, eine Zeit großer gesellschaftlicher Umbrüche und
politischer Veränderungen. Als Sinnbild dessen brechen plötzlich die neuen
Nachbarn ist das wohlgeordnete Leben von Tobias und seiner Eltern ein, die bis
zu diesem Zeitpunkt das Ideal einer bürgerlich-konservativen Vorzeigefamilie
verkörpern. Die Neuen von nebenan sind jedoch das genaue Gegenteil, überzeugte
Kommunisten und freiheitlichen Entwicklungen gegenüber sehr aufgeschlossen. Dazu
gehört auch ein anderes Bild der Frau: die neue Nachbarin raucht, trägt Jeans,
geht demonstrieren und einer eigenen Arbeit nach. Sie ist all das, was Tobias
Mutter nicht ist.
Trotz
dieser Unterschiede freunden sich die ungleichen Paare an und so tritt die
dreizehnjährige Nachbarstochter in Tobias Leben, das bis dahin vor allem durch
seine Faszination für den Weltraum, Raketen und die Mondlandung geprägt war.
Sie pflanzt in sein bis dahin noch kindliches Gemüt die Erkenntnis, dass es
auch unten auf der Erde Interessantes zu entdecken gibt, insbesondere wenn es
sich dabei um einen Vertreter des anderen Geschlechts handelt.
Und
so wie Tobias entdeckt auch seine Mutter eine neue Welt, mit allen
Konsequenzen.
Thematisch ist eigentlich alles vorhanden, um daraus eine gute
Geschichte zu stricken. Über Welten, die aufeinanderprallen, mit all den
persönlichen Sensationen, aber auch Katastrophen, die das mit sich bringt. Und
das vor der historischen Kulisse der späten 60er Jahre, einer Zeit, die wie
kaum eine andere für Befreiung und Aufbruch steht. Das verspricht Dynamik,
Intensität und jede Menge Drama.
Leider konnte ich in diesem Buch davon wenig wiederfinden. Lobend
lässt sich erwähnen, dass Woelk die konservative Vorortidylle der späten 60er
Jahre sehr anschaulich beschrieben hat. Und zwar so plastisch, dass einen die
Ödnis und Langeweile direkt anspringt. Wenn ich seitenlang über Kricketspiele
im Garten und Fernsehabende lese, überfällt mich eine spontane Lähmung. Die
emanzipatorische Veränderung der Mutter und Tobias‘ erste Schritte auf dem Weg
zum Erwachsenwerden waren für mich zwar thematisch interessant, in der
Schilderung aber überwiegend kraftlos und streckenweise schlichtweg langweilig.
Lediglich das Ende hat nochmal einiges rausgehauen. Hier kommt endlich die
Tiefe in die Geschichte, die einem eine Idee davon gibt, wie es hätte sein
können.
Und die mich noch mit guten Gewissen drei Sterne verteilen lässt.
⭐⭐⭐
Bewertung: 2.5 von 5.
Ulrich
Woelk: Der Sommer meiner Mutter. München: C.H.Beck Verlag, 2019