Daniel Kehlmann: Tyll

Richtig, hier geht es um Till Eulenspiegel, den man zumindest vom Namen nach kennt oder sogar von den überlieferten mittelalterlichen Schwanksammlungen. Als fahrender Gaukler mit anarchistischem Potential zog er übers Land und hielt den Leuten ungeachtet ihres Standes einen Spiegel vor. Also eine durchaus interessante Persönlickeit, von der man nicht so genau weiß, ob sie tatsächlich gelebt hat, obwohl es dazu einige Hinweise geben soll. Aber das ist in diesem Zusammenhang auch nicht so wichtig, denn Till ist eigentlich nur der Aufhänger für eine anschaulich-drastische Geschichte über die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Das ist zwar rund 300 Jahre später als der Eulenspiegel-Figur zuzuordnen, aber alle wesentlichen Merkmale des Mittelalters zeigen sich auch hier: Hunger, Elend, Gewalt, Krieg, Kindersterblickeit, Aberglauben, Hexenverbrennung oder auch das einigermaßen befremdliche Machtgeschacher der Adligen. Und dass die Gaukler vielleicht nicht aus einer fröhlichen Eingebung heraus übers Land gezogen sind, lässt sich irgendwie auch vermuten.

Tyll wird zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Sohn eines Müllers geboren, der schon bald in einen Konflikt mit der Kirche gerät und hingerichtet wird. Tyll muss fliehen, begleitet von der Bäckerstochter Nele. Auf seinem Weg durch das von Religionskriegen durchzogene Land begegnen sie den unterschiedlichsten Leuten: angefangen von Pirmin, dem Jongleur über den fanatischen Jesuiten Tesimond bis hin zum Könispaar Elisabeth und Friedrich von Böhmen, die für den Ausbruch des Krieges maßgeblich verantwortlich sind. Ihre Geschichten verbinden sich zu einem Spiegel der Zeit, dessen Wahnsinn uns die Figur des Eulenspiel meisterhaft vor Augen führt.

Das war mein erster Kehlmann und bestimmt auch nicht mein letzter, denn das Buch hat mich wirklich gut unterhalten. Ein schöner Schreibstil, sehr plastisch, inhaltlich facettenreich und mit ausdrucksstarken Charakteren. Auf kurzweilige Art bekommt man einen vielschichtigen Einblick in das Leben in dieser Zeit und kann sich in seinem warmen Kämmerlein freuen, dass man ein paar Jahrhunderte später geboren ist. Auch den Einstieg ins Buch fand ich extrem gelungen.
Für mich krankte das Buch etwas daran, dass es vor allem in der zweiten Hälfte einige Längen hat. Da gerät doch der eine oder andere Protagonist ins monologisieren und das hat zwischendurch die Spannung rausgenommen. Aber trotz allem eine ganz klare Leseempfehlung.

Bewertung: 3.5 von 5.

Daniel Kehlmann: Tyll. Hamburg: Rowohlt, 2017

Jo Nesbo: Der Schneemann

Im siebten Teil der Harry Hole-Serie geht es um einen Serienmörder mit einem speziellen Markenzeichen: am Tatort hinterlässt er einen Schneemann. Vier Frauen sind ihm bereits zum Opfer gefallen, alle brutal ermordet. Als sich Harry Hole des Falles annimmt, entdeckt er zwischen den Frauen einige Gemeinsamkeiten: alle waren verheiratet, hatten Kinder und nahmen es offenbar mit der Treue nicht so genau. Und zwei von ihnen besuchten den gleichen Arzt, einen Spezialisten für Erbkrankheiten…

Für mich eines der besten Bücher aus dieser Serie, die ich an sich schon gelungen finde, einfach weil ich die Figur des Harry Hole sehr authentisch und sympathisch finde. Ich seh da so ein bisschen Nesbo vor mir und ein Teil von ihm steckt da sicher auch mit drin.

Diesen siebte Teil finde ich schon mal vom Motiv des Schneemanns her bestechend, da das so eine latenten Gruseleffekt erzeugt. Ähnlich wie der bedrohliche Horrorclown, der plötzlich auftaucht. Zusätzlich besticht dieser Teil durch eine wirklich gute Story – originell, genau durchdacht und spannend umgesetzt. Vor allem die Wendung in der zweiten Hälfte des Buches, in der der Täter in Erscheinung tritt, gibt dem Ganzen nochmal einen Kick und legt dramaturgisch nochmal eine Schippe drauf.

Wie viele andere Thriller kommt Nesbo auch hier nicht mit dem klassischen Showdown aus und manchmal ist mir das einen Tick zu viel, aber hier geht es gerade noch so durch.

Bewertung: 4.5 von 5.

Jo Nesbo: Der Schneemann. Berlin: Ullstein Verlag, 2009 (Norwegisches Original 2007)

Florian Schwarz: Stichling


Für eine Inhaltsbeschreibung dieses Romans braucht es nicht viele Worte, was nicht daran liegt, dass es hierzu nicht einiges zu sagen gäbe oder der Roman mit seinen knapp 200 Seiten vergleichsweise schmal ist, sondern dass das Thema für sich spricht. Denn in diesem Buch geht es um den Krieg. Und zwar in seiner hässlichsten und damit auch ehrlichsten Form. Es ist die Geschichte des 17jährigen August, der durch die Hölle des ersten Weltkriegs geht. Der Autor hat hier aus den Erinnerungen seines Opas einen Roman geschaffen, der den Wahnsinn des Krieges in all seinen Facetten sehr drastisch beschreibt.

In einigen Rezensionen wurde dieser Roman als neue Pflichtlektüre an Schulen vorgeschlagen. Das ist ein Kompliment. Ihn auf eine Stufe mit Erich Maria Remarque zu stellen sicherlich auch, denn dieser Vergleich ist mir spontan gekommen und das liegt nicht nur am gleichen Thema. Denn auch hier gelingt dem Autor der genaue und schonungslose Blick, der alles auseinandernimmt und einem eine Ahnung davon bekommen lässt, was Krieg eigentlich bedeutet. Und das alles in einer ganz wunderbar ausgefeilten Sprache, einem Nebeneinander von distanzierter Beschreibung und sehr emotionalen, tiefgehenden Innenansichten. Die Schilderung sind so plastisch und kraftvoll, als wäre er selbst dabei gewesen und vielleicht war er es auch auf eine Art, als Zuhörer aus tiefstem Herzen.

Nun ist Im Westen nichts Neues ein Klassiker, dem man nur schwer das Wasser reichen kann, denn authentischer geht es kaum. Der Autor wusste, wovon er spricht und das merkt man an jedem einzelnen Satz. Deshalb ist die Leistung des Autors umso bemerkenswerter. So eine Tiefe und Echtheit in den Schilderungen hinzubekommen, ist schon sehr besonders. Ich hab mich auch gefragt – ohne blasphemisch werden zu wollen , ob mir dieser Roman fast noch besser gefällt als Remarque. Ich finde ihn komprimierter und sprachlich herausragend.

Die Zeitzeugen sind schon lange tot, entweder im Krieg gefallen oder im Laufe eines hoffentlich langen Lebens. Aber ihre Erinnerungen bleiben und setzen ein Zeichen, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen.

Bewertung: 4.5 von 5.

Florian Schwarz: Stichling. Buchfink Verlag, 2019

Jessica Fellows: Die Schwestern von Mitford Manor – Gefährliches Spiel

Neu erschienen ist nun der zweite Teil der Serie um die Mitford-Schwestern und darum geht’s: An Pamela Mitfords 18. Geburtstag stürzt bei einer Schnitzeljagd einer der Gäste vom Turm des Anwesens in den Tod. Schnell regt sich Verdacht, dass dies kein Unfall war und das Dienstmädchen Dulcie wird des Mordes beschuldigt. Aber schon bald zeigt sich, dass einige der Geburtstagsgäste etwas zu verbergen haben. Die Spur führt zur Bande der 40 Diebinnen…

Wer hier Kitsch der allerschlimmsten Sorte vermutet, der irrt. Das ist vielmehr ein sehr kurzweiliger englischer Krimi Marke Agatha Christie meets Babylon Berlin, allerdings im London der 20er Jahre und als alter Fan von Agatha Christie ist das genau mein Ding. Letztes Jahr hatte ich zur Weihnachtszeit den ersten Teil der Serie gelesen und der hat mir überraschend gut gefallen. So hat es sich irgendwie angeboten, zum Jahreswechsel den neu erschienenen zweiten Teil zu lesen und den fand ich ähnlich gut. Klar ist das ordentlich Weichspüler fürs Gehirn, aber der angenehmsten Sorte. Denn dieser Krimi ist spannend und unterhaltend, ohne dafür viele Tote oder große Brutalität aufzufahren. Ist in seiner Art geradezu entspannend. Das Besondere an dieser Serie ist auch, dass es die exzentrischen Mitford-Schwestern wirklich gegeben hat, ebenso wie die Frauengang rund um die berüchtigte Diebin Alice Diamond. Also sehr viel Highsociety-Flair der 20er Jahre, ein literarisches Cluedo-Spiel mit viel Glamour. Und dann noch in Kombination mit der Schnitzeljagd, einfach schön. Wie übrigens auch das Buchcover!

Für die ganz große Punktezahl hat es aufgrund der Einfachheit der Story und auch der sprachlichen Umsetzung nicht ganz gereicht, ist aber eine ganz klare Leseempfehlung.

Bewertung: 4 von 5.

Jessica Fellows: Die Schwestern von Mitford Manor – Gefährliches Spiel. München: Pendo Verlag / Piper Verlag, 2019 (Englisches Original: 2018)

Karen Köhler am 11.10.19 in der Volksbühne Berlin

Ein ganz wunderbarer Abend zu einem wunderbaren Buch.
So würde ich in Kürze den gestrigen Abend in der Volksbühne zusammenfassen, der Berlinpremiere von Karen Köhlers neuem Roman Miroloi.
Mit gelungenen Fragen durch den Abend geführt von Maria Christina Piwowarski hat die Autorin einen kleinen Einblick gegeben in dieses ganz großartige Werk.

Viel hat man erfahren über diesen Roman, ohne zu viel zu verraten. Man hatte am Ende ein rundes Bild, ob man den Roman nun schon gelesen hatte oder nicht. Als Kenner des Romans fühlte man die wichtigsten Aspekte gut und spoilerfrei zusammengefasst und die andere Gruppe hat hoffentlich richtig Leselust bekommen. Ich hatte aber den Eindruck, der Verkauf am Büchertisch lief gut…

Nebenbei hat man noch eine Menge erfahren über den Entstehungsprozess des Romans, ein bisschen Autorenleben-Talk, was ich besonders interessant fand.

Und natürlich wurde vorgelesen und das war ein ganz besonderes Leseerlebnis.
Geht und hört! Und vor allem, lest!

Die Zeit – Literaturtipps

Wer liest, friert nicht…genau die richtige Ansage für Fostbeulen wie mich. Die ZEIT präsentiert uns in ihrer neusten Ausgabe die spannendsten Bücher im Herbst und Winter 📚

Mit dabei sind einige Nominierte der Shortlist, aber auch Longlist- Vertreterinnen wie Nora Bossong und Karen Köhler.
Auf meiner Leseliste vermerkt habe ich Die Zeuginnen von Margaret Atwood, die Fortsetzung von Report der Magd und Elena Ferrante: Tage des Verlassenwerdens.
Besonders interessant fand ich die Rezension zu Jan Peter Bremers: Der junge Doktorand, eine moderne Version von Samuel Becketts ‚Warten auf Godot‘.
Ansonsten gibt es interessante Literaturtipps in der Kategorie Sachbücher, zum Gastland Norwegen und lesenswerte Interviews, unter anderem mit Siri Hustvedt.

Wer diese Zeit-Literaturbeilage lesen möchte, sollte sich ranhalten. Morgen erscheint schon die neue Ausgabe 📯

Tonio Schachinger: Nicht wie ihr


Wäre das Buch nicht auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis und hätte ich mir nicht vorgenommen, diesmal alle nominierten Titel zu lesen, hätte ich es wohl nicht in die Hand genommen, denn hier geht es um Fußball. Genauer, um ein Jahr im Leben des Fußballstars Ivo Trifunović, in dieser Geschichte einer der bestbezahlten Fußballer der Welt. Nun habe ich keine großen Schnittstellen zum Thema Fußball, kann mir aber auch in dem Rahmen interessante Handlungen vorstellen, suggeriert doch der Titel eine Coming Out-Geschichte oder zumindest mal irgendwas mit Tiefgang.

Aber nichts falscher als das. Vielmehr bekommt man einen kleinen Einblick in das Leben der Superreichen, nur leider von der allerdumpfesten Sorte. Ich fühlte mich über weite Strecken so, als hätte der Autor in der letzten Eckkneipe mitstenographiert und das nach dem zehnten Bier der dort Versammelten. Man erfährt so einiges über europäischen Fußball, das nervige Leben als Prominenter, die geilen Brüste der Ehefrau und diverse Pornophantasien und vor allem lernt man Kraftausdrücke jeglicher Art, noch dazu mit Wiener Dialekt. Aber will man das wirklich wissen?Dass ich nicht nach dem ersten Drittel abgebrochen habe, lag daran, dass es mich dann doch interessierte, wie die Affäre mit Ivos Jugendliebe Mirna weitergeht. Vielleicht habe ich auch gehofft, dass noch was Geistreiches kommt, schließlich ist das Buch ja für den Buchpreis nominiert. Aber das ist für mich bis zum Schluss ein Rätsel geblieben. Und auch das mit der Affäre, puhhh, aber lest selbst…
Das Buch wird auf dem Klappentext als rotzig, deep und fresh angepriesen. Ist das rotzig und fresh, wenn gefühlt auf jeder zweiten Seite Hurensohn steht? Kleine Kostprobe gefällig?

Ivo möchte seine Tochter vom Kindergarten abholen, nur leider steht er nicht auf der Abholliste und der Erzieher will das Kind nicht irgendjemandem rausrücken, der da mal eben so vorbeischaut. Logisch. Wahrscheinlich holt sonst immer die Frau oder die Nanny die Tochter ab…

Was soll los sein, oida! Ich steh hier in Lenas Kindergarten und dieser absolute Hurensohn von einem Scheißkindergärtner lässt sie mich nicht abholen, weil ich nicht auf irgendeiner Liste stehe.“ (S.175f)

Nun könnte man einwenden, vielleicht will der Autor unserer Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Den Blick schärfen für die hohlen Nüsse unter denen ganz oben auf der Gehaltsliste. Aber dazu muss ich nur mal kurz den Fernseher anmachen. Und wenn man diesen Anspruch hat, muss man das schriftstellerisch schon geschickter anstellen.
Deep? Ja, unterirdisch.

Bewertung: 1.5 von 5.

Tonio Schachinger: Nicht wie ihr. Wien: Kremayr & Scheriau, 2019

Jackie Thomae: Brüder


Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Mick, dessen Leben eine einzige Party ist und der sich nicht festlegen möchte. Und der Architekt Gabriel, dessen Leben nach einem gut strukturierten Plan verläuft. Auf den ersten Blick verbindet sie nichts, außer ihrer Hautfarbe. Doch sie sind Kinder desselben Vaters, den sie nie kennengelernt haben.

Das Buch ist in zwei Hälften unterteilt, zwei Brüder, zwei Leben. Flankiert werden die beiden Geschichten durch Schilderungen zum gemeinsamen Vater, der das Bindeglied bildet wie ein Scharnier. Beide versuchen auf ganz unterschiedliche Art, ihren Weg im Leben zu finden. Die unterschiedlichen Lebenläufe, ihre Entwicklung und die Beziehungen auf diesem Weg sind das wesentliche Thema des Buches und von der Autorin gut in Szene gesetzt worden. Ich bin diesen Weg gerne mitgegangen, auch wenn ich mit dem zweiten Teil des Buches deutlich mehr anfangen konnte als mit der partylastigen ersten Hälfte. Die Grundidee und den Aufbau des Buches fand ich ebenfalls gut gelungen. Unterm Strich war mir aber keine der Figuren wirklich nahe gekommen, was wohl an dem distanzierten Erzählstil gelegen haben muss. Man beobachtet das Geschehen aus sicherer Entfernung, aber steckt nicht drin. Mit war auch der starke Kontrast der Brüder einen Tick zu viel, das war mir zu schwarz-weiß und wirkt dann fast wie eine Charakterschablone.
Ich denke auch, es hätte dem Buch besser getan, wenn es ein paar Seiten weniger gewesen wären.

Bewertung: 3 von 5.

Jackie Thomae: Brüder. München: Carl Hanser Verlag, 2019

Stephen King: Friedhof der Kuscheltiere


Louis Creed zieht mit seiner Frau und seinen beiden Kindern von Chicago nach Maine, in ein kleines Haus am Waldrand. Hinter ihrem Haus beginnt ein riesiges Waldgebiet, ehemaliger Stammesbesitz der Micmac-Indianer. Schon bald stellt die Familie fest, dass es im Wald hinter ihrem Haus einen Haustierfriedhof gibt, der von den Kindern des Dorfes genutzt wird, um ihre Haustiere zu beerdigen. Und Louis hört von dem Gebiet hinter dem Friedhof, hinter der Grenze, die nicht überschritten werden darf. Wer seine Toten dort begräbt, wird sie schon bald wiedersehen…

Mit den neueren Romanen von King konnte ich oft nicht so viel anfangen, aber diesen finde ich immer noch richtig gut.
King schafft es wie kaum ein anderer, einen in die Geschichte zu verwickeln und eine subtile Spannung zu erzeugen, auch wenn tatsächlich gar nicht so viel passiert. Wo andere Autoren mit viel Getöse arbeiten, kommt er mit ganz unterschwelligen Mitteln aus und selbst die zwischenzeitlichen Längen kommen einem bei ihm viel kürzer vor. Man kann von ihm halten, was man will, gruselige Geschichten erzählen kann er wie kaum ein zweiter.
Und das ist auch diese, gruselig, unheimlich und sehr spannend. Auch wenn ich so gar nicht auf Zombie, Splatter und Co stehe, hat mich dieses Buch auch beim zweiten Lesen gepackt. Für mich eines der Besten von King.

Bewertung: 4 von 5.

Stephen King: Friedhof der Kuscheltiere.

John Katzenbach: Der Patient


Am Abend seines 53. Geburtstages erhält der Psychiater Frederick Starks einen anonymen Brief, unterzeichnet mit dem Namen Rumpelstilzchen. Es ist die Einladung zu einem makaberen Spiel. 15 Tage hat er Zeit, Rumpelstilzchens wahren Namen herauszufinden. Gelingt ihm das nicht, werden seine Familienangehörigen sterben, einer nach dem anderen. Oder er gibt auf und opfert sein eigenes Leben.

Die Grundidee und die Anknüpfung an das Märchen der Gebrüder Grimm finde ich schon mal klasse. Die Geschichte ist ausgesprochen spannend und gut konstruiert. Die allmähliche Auflösung eines sicher geglaubten Lebens, in dem nichts mehr ist, wie es mal war und man niemanden mehr trauen kann, ist sehr überzeugend dargestellt und fesselt einen komplett an dieses Buch. Ich hätte jetzt gerne auch originell geschrieben, denn die Idee ist wirklich gut, nur leider kommen viele Elemente des Buches auch in dem Film ‚The Game‘ vor und das wirkt dann schon etwas abgekupfert. Nun hat der Autor die Geschichte in einen anderen Rahmen gestellt und im zweiten Teil auch etwas ganz Eigenes reingebracht, in dem das Opfer den Spieß umdreht und selbst zum Jäger wird. Und der Film ist einfach mal großartig, so dass es mich letztlich nicht so sehr gestört hat, dass Katzenbach sich hier an der einen oder anderen Stelle bedient hat. Er hat einen super Thriller draus gemacht.

Bewertung: 4.5 von 5.

John Katzenbach: Der Patient. München: Knaur Taschenbuch Verlag, 2016 (Amerikanisches Original 2012)