Ray Bradbury: Halloween

Üblicherweise kennt man ihn nur als den Autor von Fahrenheit 451. Aber das Ray Bradbury neben futuristischen Romanen auch zahlreiche Fantasy- und Horrorgeschichten geschrieben und Stephen King mit beeinflusst hat, ist eher weniger bekannt.

So ist auch dieser kurze Roman eine Mischung aus Fantasy- und Gruselgeschichte, die am titelgebenden Halloweenabend spielt.
Acht Jungen sind wie jedes Jahr ausgezogen, um in ihren gruseligen Kostümen die Nachbarschaft zu erschrecken und Süßigkeiten zu sammeln. Doch auf ihrem Weg geraten sie diesmal an ein Haus, das ihnen das Fürchten lehrt. Und nicht nur das…

Ohne Frage, dieses Buch ist speziell. Wenn man sich nicht auf fantasievolle Szenarien einlassen kann, ist es wahrscheinlich nicht die richtige Lektüre. Hier passieren definitiv Dinge, die den üblichen Rahmen der Realität sprengen.
Der Autor lässt seine acht Protagonisten am eigenen Leibe erleben, was das Halloweenfest wirklich bedeutet und welche Wurzeln es hat und begibt sich mit ihnen auf eine ungewöhnliche Reise. Das ist in seiner Art auf jeden Fall ungewöhnlich, aber auch sehr interessant. Und für den Anlass ausgesprochen stimmungsvoll.

Da ich selbst mit Fantasy teilweise meine Schwierigkeiten habe, bin ich bei diesem Buch etwas hin- und hergerissen. Auch wenn es thematisch sehr stimmig ist, fand ich es in der Umsetzung teilweise zu abgedreht. Allerdings geht mir das mit Stephen King auch hin und wieder so und Fans von Fantasy werden hier sicher ihre Freude haben. Und wahrscheinlich auch eher die, denn so richtig gruselig wird es hier nicht. Allerdings lernt man einiges Wissenswertes über das allseits bekannte Fest und das ist in jedem Fall die Lektüre wert.

Bewertung: 3 von 5.

Ray Bradbury: Halloween. Zürich: Diogenes, 1974

H.G.Parry: Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep

Dass man als großer Bruder immer mal wieder zur Hilfe gerufen, wenn der jüngere in Schwierigkeiten steckt, ist nicht besonders ungewöhnlich. So geht es auch Rob mit seinem jüngeren Bruder Charley. Wenn die Hilfe jedoch darin besteht, ihm beim Kampf gegen Uriah Heep, dem Bösewicht aus Charles Dickens ‚David Copperfield‘ zur Seite zu stehen, wird es schon einigermaßen seltsam.
Wer nun denkt, der jüngste Spross hätte etwas zu tief ins Glas geschaut oder synthetische Drogen ausprobiert – weit gefehlt!
Charley verfügt über die seltene Gabe, Figuren aus Büchern herauszulesen und lebendig werden zu lassen. Das mag bei Micky Maus ganz niedlich sein, wenn es sich aber um Frankenstein handelt, sollte man schleunigst die Beine in die Hand nehmen. Und das umso mehr, wenn auch noch andere über diese ungewöhnliche Gabe verfügen…

Ich habe mich sehr auf dieses Buch gefreut, da ich die Idee ausgesprochen gut finde. Überraschenderweise hatte ich dann aber große Mühe, in das Buch reinzukommen und es hat bis zur Hälfte gedauert – bei einem Buch über 500 Seiten nicht gerade wenig -, bis sich ein Lesefluss eingestellt hat. Das lag zum einen an der Fülle der literarischen Figuren, die da auftauchen und auf deren Kontext und Charakter verwiesen wird. Zum Glück kannte ich die meisten davon, aber auch dann war es schwierig, alles aus dem Gedächtnis auszukramen und in einen Zusammenhang zu bringen. Die Autorin mag zwar Dozentin für englische Literatur sein, ich bin es nicht. Es ist also ein recht anspruchsvolles Unterfangen, dieses Buch zu lesen, wenn man die ganzen Beziehungen untereinander und die literarischen Querverweise verstehen will und auf gar keinen Fall eine leichte Lektüre für zwischendurch.
Dass es bis zur Hälfte gedauert hat, ins Buch reinzukommen, heißt aber, dass es mich dann irgendwann auch gepackt hat.

Wenn man sich auf diese magische Welt einlässt, ist das ein durchaus sehr spannender und actionreicher Roman, der in der zweiten Hälfte richtig Fahrt aufnimmt. Mit dem Ende war ich an einigen Stellen nicht so glücklich, aber es war auf jeden Fall eine runde Sache mit Potential zu Teil 2. Insgesamt habe ich das Buch gerne gelesen, obwohl es mir von allem ein bisschen zu viel war. Zu viele Figuren, zu viele Verweise, zu viel um die Ecke gedacht. Ein bisschen weniger von allem hätte ich angenehmer gefunden.

Bewertung: 3.5 von 5.

H.G. Parry: Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep. München: Heyne Verlag, 2020 (Orig. 2019)

Melissa Albert: Hazel Wood


Seit sie denken kann, ist Alice mit ihrer Mutter auf der Flucht, nie hatte sie ein richtiges Zuhause. Das Unglück scheint ihnen stets dicht auf den Fersen. Als sie endlich in New York sesshaft werden, stirbt Alice‘ Großmutter, die mysteriöse Märchenerzählerin Althea Prospertine. Kurze Zeit später verschwindet Alice‘ Mutter unter rätselhaften Umständen. Alice versucht alles, um ihre Mutter zu retten. Ihr Weg führt sie nach Hazel Wood, dem sagenumwobenen Haus ihrer Großmutter, tief in den Wäldern verborgen. Ganz entgegen der ausdrücklichen Warnung ihrer Mutter: „Halt dich fern von Hazel Wood!“

Dieses Buch ist auf jeden Fall reizvoll in seiner Mischung aus Realität und Märchenwelt und gerade die düsteren Elemente darin fand ich sehr ansprechend. Das hatte sowas von Stephen King meets Narnia, also eine gute Grundlage für eine gelungene Fantasygeschichte mit Gruseleffekt. Trotzdem bin ich mit dem Buch nicht wirklich warm geworden. Vielleicht lag es daran, dass es für mich zu schleppend losgegangen ist und ich nicht richtig in die Geschichte reingekommen bin. Nach dem ersten Drittel wurde es dann etwas besser, aber trotz der groß angelegten Märchenszenerie hat mich die Geschichte nicht wirklich gepackt, ich fühlte mich die ganze Zeit etwas außen vor. Auch wenn ich das Buch nicht ungern gelesen habe, wirkte auf mich insgesamt zu zähflüssig. Auch zu den Figuren hab ich keinen richtigen Zugang gefunden, was wirklich schade ist, denn es klang sehr vielversprechend.

Aber…volle Punktzahl für das traumhaft schöne Cover, dass sich durch die 3D-Strukur auch noch richtig schön anfassen lässt.

Bewertung: 3 von 5.

Melissa Albert: Hazel Wood. Hamburg: Dressler Verlag, 2018