Haruki Murakami: 1Q84

Zwei Personen bilden die Achsen dieses Romans, die schicksalhaft miteinander verflochten sind. Seit sie sich als Zehnjährige in der Schule begegnet sind, haben sie sich aus den Augen verloren, aber nie vergessen.
Aomame, die Auftragsmörderin, die gewalttätige Männer unauffällig ins Jenseits befördert.
Und Tengo, den freiberuflichen Verlagsmitarbeiter, der die Aufgabe übernimmt, dass sprachlich misslungene Manuskript einer 17jährigen zu überarbeiten und damit eine Kette von Ereignissen auslöst.
Die Wege der beiden kreuzen sich in der Welt mit den zwei Monden, von Aomame 1Q84 genannt…

Auch Murakami ist so ein Autor, bei dem man mit einem Anspruch an Realismus und Logik schnell an seine Grenzen kommt, was bereits die kurze Zusammenfassung andeutet. Wie in vielen seiner Romane wird auch hier mit phantastischen, märchenhaften Elementen nicht gespart. Das ist vielleicht nicht jedermanns Sache und einigen zu abgedreht, ich mag das sehr gern. Aber man muss sich schon auf diese Art des surrealen Erzählens einlassen können. Streckenweise hatte ich bei diesem Buch jedoch ziemliche Mühe, den Überblick zu behalten. Zum Ende hin sortiert sich vieles, aber da es noch einen weiteren Teil gibt, sind einige Fragen noch offen.
Obwohl ich Murakami Schreibe auch hier ganz großartig finde, fand ich dieses Werk mit seinen gut 1000 Seiten zu aufgebläht, stellenweise auch redundant. Das hätte man für meinen Geschmack etwas abspecken können, vor allem im Hinblick auf einen weiteren Teil. Das zieht sich ganz schön.
Daher kann ich auch erst nach dem letzten Teil wirklich sagen, wie ich die Story eigentlich finde, wenn ich das Gesamtpaket kenne.
Insgesamt hat mich das Buch gut unterhalten, vor allem den Penisdialog zu Beginn fand ich zum Schreien komisch.
Womit ich allerdings nicht so ganz klarkam, sind die (geschilderten oder berichteten) Sexszenen mit minderjährigen Mädchen. Auch wenn das in einem speziellen Kontext der Geschichte steht und mit einem kritischen Auge betrachtet wird, hätte das meiner Meinung nach nicht sein müssen.

Bewertung: 3.5 von 5.

Haruki Murakami: 1Q84. München: btb Verlag, 2012 (Original 2009)

Haruki Murakami: Erste Person Singular

Diesmal kein 1000 Seiten Roman, sondern eine Sammlung von acht Kurzgeschichten im typischen Murakami-Style. Auch hier verbinden sich Realität und Fiktion, je nach Geschichte in unterschiedlichem Maße. Vielen Geschichten merkt man die Nähe des Ich-Erzählers zum Autor an und diese realitätsnahen Sequenzen haben mir deutlich besser gefallen als beispielsweise der Dialog mit dem sprechenden Affen.
Wenn man sich nun anfängt Gedanken zu machen, worum es in den Geschichten eigentlich geht, steht man ein bisschen auf dem Schlauch und muss feststellen: um eigentlich nichts Besonderes. Ursula Scheer hat Murakami in der FAZ in diesem Zusammenhang als den ‚Meisterdetektiv folgenreicher Nichtigkeiten‘ bezeichnet und das finde ich sehr treffend, zumindest bezogen auf diese Geschichtensammlung.
Seine besondere Leistung besteht darin, diese (vermeintlichen) Nichtigkeiten in so wunderbarer Art zu erzählen, dass sie den Leser in den Bann ziehen. Ähnlich wie bei seinen Romane entwickeln seine Geschichten einen erzählerischen Sog und man kann froh sein, dass er kein Handelsvertreter geworden ist. Er könnte einem sonst vermutlich alles verkaufen.
Allerdings muss ich dazu sagen, dass das für mich in seinen Romanen besser funktioniert. Hier fehlte es mir zuweilen an tragfähigen Inhalten, so dass mich manche Geschichten etwas unbefriedigt zurückgelassen haben. Vielleicht liegt es auch an meinem mangelnden Interesse für Baseball und Jazz…
Wer jedoch etwas näher zur Person Murakami vordringen möchte, ist mit diesen Kurzgeschichten hervorragend bedient.

Bewertung: 3.5 von 5.

Haruki Murakami: Erste Person Singular. Köln: Dumont Buchverlag, 2021

Haruki Murakami: Kafka am Strand


Der fünfzehnjährige Kafka reißt von zu Hause aus und findet einen Zufluchtsort in einer kleinen Privatbibliothek, die für ihn schon bald zu einem neuen Zuhause und einer Arbeitsstätte wird. Dort verliebt er sich in die wesentlich ältere Bibliothekarin Saeki-San, die ein seltsames Geheimnis umgibt. So wie ihn selbst und den alten Nakata, der parallel zu den Geschehnissen ebenfalls zu einer Reise aufbricht, um eine noch unvollendete Geschichte zu einem Ende zu führen.

Es ist nicht ganz einfach, diese Geschichte zusammenzufassen, denn sie ist einigermaßen ungewöhnlich und wandelt an der Grenze zwischen Realität und Fantasie. Gerade in der Figur des Nakata hatte das ein bisschen von Forrest Gump meets Alice im Wunderland. Darauf muss man sich einlassen können, manches ist nicht ganz einfach zu verstehen, durch diese ungewöhnlichen Thematik aber dennoch ausgesprochen faszinierend. Kafka als Hauptperson war in seiner Suche nach grundlegenden Antworten sehr beeindruckend beschrieben. Murakami hat die Vielschichtigkeit der Geschichte und der Charaktere sprachlich ganz wunderbar umgesetzt, so dass man sich mal wie Alice, mal wie Forrest und dann wieder wie ein pubertierender Jugendlicher auf der Suche nach sich selbst gefühlt hat. Zum Ende hin haben sich für meinen Geschmack ein paar Längen eingeschlichen, aber trotzdem eine klare Leseempfehlung!

Bewertung: 4 von 5.

Haruki Murakami: Kafka am Strand.