
In Romanen wird ja gerne mal auf Erlebnisse in der Jugend zurückgeblickt, reale oder fiktive. Momente, die einen geprägt oder auch verändert, die Weichen für Lebenswege gestellt haben. Und so ist auch dieses Buch eine Rückschau auf einen dieser Momente, den großen Sommer, der sich ins Gedächtnis eingebrannt hat.
Ein Sommer voller Widersprüche, denn für die Nachprüfung in Mathe und Latein beim strengen Großvater zu lernen statt in Urlaub zu fahren, klingt erstmal nicht nach Spaß.
Den findet er auf seinen abendlichen Streifzügen mit Alma und Johann und dem Mädchen im flaschengrünen Badeanzug, seiner ersten großen Liebe…
Als ich das Buch angefangen habe, hatte ich parallel noch ein anderes Buch gelesen, in das ich irgendwie schwer reingefunden habe. Im Vergleich ist mir sofort aufgefallen, was ich an Ewald Arenz so schätze. Er schafft es, einen sofort gedanklich einzufangen. Nach den ersten Sätzen war ich sofort drin in der Geschichte und nicht nur das, die ganze Stimmung des Buches hat sich total auf mich übertragen. So wie man bei ‚Alte Sorten‘ alle Facetten des Herbstes vor seinem geistigen Auge aufleuchten sieht, fühlt man hier Sommer pur. Aber auch inhaltlich konnte ich die innere Aufregung dieser Zeit komplett nachempfinden. Das Gefühl, gleichzeitig der König der Welt und der letzte Verlierer zu sein, ein stetes Wandeln zwischen Größenwahn und Depression. Diese turbulenten Eckpfeiler des Erwachsenwerdens hat der Autor ganz wunderbar zwischen diesen beiden Buchdeckeln zusammengefasst.
Dass es kein Fünf-Sterne Bewertung geworden ist, liegt daran, dass mir die großen emotionalen Momente in diesem Buch gefehlt haben, die einen ergreifen und innerlich berühren. Das ist rein subjektiv und individuell und mindert nicht den Wert des Buches, für das ich eine uneingeschränkte Lesempfehlung aussprechen kann.
Ewald Arenz: Der große Sommer. Köln: Dumont, 2021