Antje Ravik Strubel: Blaue Frau

Schon als Kind hat Alina den Wunsch, die Enge des tschechischen Dorfes, in dem sie aufwächst hinter sich zu lassen und geht nach Berlin. Doch der Wunsch nach Freiheit endet in einem sexuellen Übergriff. Unfähig, darüber zu reden und sich Hilfe zu holen, flieht Alina nach Helsinki und lernt dort den wesentlich älteren Leonides kennen…

Dieses gehört zu den Büchern der zwanzig nominierten Titel, die von der Story her mein Interesse geweckt hatten. Gekauft hatte ich es dann nach einem Gespräch mit meinem Buchhändler, der ein anderes Buch der Autorin kannte und ihren Schreibstil gelobt hat.
Nun ja, auch der Klappentext berichtet von einem „atemberaubend gut erzählten“ Buch oder gar einem „kleinen Wunderwerk der zeitgenössische Prosa-Literatur“, so zumindest die Stimmen einiger Kritiker.
Ich muss sagen, dass sich mir dieses kleine Wunder nicht erschlossen hat, weder inhaltlich noch sprachlich.


Die Grundidee der Geschichte hatte ja schon anfangs mein Interesse geweckt und finde ich nach wie vor gut, in der Umsetzung blieb es aber hinter meinen Erwartungen zurück. Auf mich wirkte es seltsam kraftlos, alles plätscherte so vor sich hin und bis zum Schluss ist es mir nicht gelungen, zu der Protagonistin eine Beziehung herzustellen. Das ist bei so einem hochemotionalen Thema ausgesprochen schade, denn da lebt viel von einem gefühlsmäßigen Nachvollziehen.
Diesen Zugang verstellt die doch recht distanzierte Schreibe der Autorin. Das entspricht zwar dem Charakter der Protagonistin, machte es mir dadurch aber unmöglich, zu ihr durchzudringen.
Das ist vielleicht stilistisch konsequent und manche mögen das auch ästhetisch wertvoll finden, wie die Nominierung ja zeigt.
Für mich lebt die Behandlung eines solchen Themas von Emotionen, die man mit den LeserInnen teilt. Hier blieb ich leider außen vor.

Bewertung: 2.5 von 5.

Antje Ravik Strubel: Blaue Frau. Frankfurt am Main: Fischer Verlag, 2021

Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos

Ein Epos auf eine Heldin unserer Zeit, ehemalige Kämpferin in der kommunistischen Résistance und später der algerischen Unabhängigkeitsbewegung.

Obwohl mich die Leseprobe nicht begeistern konnte, haben mich die vielen positiven Kritiken veranlasst, einen genaueren Blick auf den Siegertitel des diesjährigen Deutschen Buchpreises zu werfen. Außerdem handelt es sich um den diejährigen Siegertitel des Deutschen Buchpreises, was ja vielleicht auch nicht ganz unbegründet ist.
Nur musste ich feststellen, dass es mir nach gut 60 Seiten nicht viel anders ging als nach der Leseprobe. Es ist nicht meins…

Die Geschichte als solche finde ich wirklich interessant. Ich lese Romane aus dieser Zeit sehr gerne, insbesondere wenn sie eine biografische Grundlage haben, und in anderer Form hätte ich sie auch gerne gelesen. Aber als Epos verpackt konnte ich damit nichts anfangen. Mich interessieren an solchen Lebensgeschichten Details, Charaktere, Entwicklungen und Emotionen. Das Besingen von Lebensereignissen war mir in dieser verknappten Form viel zu wenig und auch zu künstlich. Als hätte man die Geschichte in ein Korsett gesperrt. Viele feiern ja gerade die sprachliche Form, aber bei mir konnte sich diese Wirkung nicht entfaltet. Das fand ich ausgesprochen schade, denn aus dieser spannenden Lebensgeschichte hätte man für meinen Geschmack schriftstellerisch sehr viel mehr machen können. Aber das wäre dann ein anderes Buch gewesen.
Nach einem Drittel des Buches habe ich beschlossen, meinem ersten Lesegefühl zu folgen und das Experiment zu beenden. Aber ich hab’s zumindest versucht.

Bewertung: 1.5 von 5.

Anne Weber: Annette, ein Heldinnenepos. Berlin: Matthes & Seitz, 2020